Welche Antwort würden Sie auf die Frage geben: „Warum hat die Gottesmutter eine so große Vorrangstellung?“ Sicher, weil sie die Mutter Gottes ist. Das ist nur bedingt richtig. Oder: weil sie ohne Erbschuld war. Auch das ist nur bedingt richtig. Ja, warum dann? Der Hl. Markus gibt uns die Antwort. Als Maria und seine Verwandten zu Jesus wollten und nicht konnten, weil das Haus, in dem Jesus lehrte, gesteckt voll war und man Jesus darüber unterrichtete, antwortete er: „Wer ist meine Mutter und meine Brüder? [… ] Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.“ (Markus 3, 31ff.) Wo aber ist da die Vorrangstellung Mariens? Es gibt keinen Menschen, der, wie Maria, so den Willen Gottes getan hat. Maria sprach ein bedingungsloses Ja, obwohl sie dadurch mehrmals dem Tode nahe war. Die Empfängnis Jesu und die Befreiung der Erbschuld war nicht ihr Verdienst. Aber dass sie „Ja“ dazu gesagt hat, obwohl sie wusste, dass damit ihr Leben auf dem Spiel stand, das war ihr Verdienst. Natürlich wollte Jesus sie auch bei sich im Himmel haben.
Ihr Verdienst aber geht noch weiter: Jede Sünde und jede Beleidigung Gottes trifft auch sie; auch heute noch. Und trotzdem liebt sie jeden Menschen, weil Jesus für jeden Menschen gestorben ist. Wie umfangreich sind diese Beleidigungen. Und Maria leidet darunter. Und doch ist ihr Herz offen für jeden. Wäre es da nicht angebracht, dass wir, ihre Kinder, sie nicht auch ehren, wie die Kinder eine Mutter am Muttertag? Aber nicht nur einen Tag, oder einen Monat, nein, 365 Tage auf 365 Tage!
(Wilhelm Stetina, Diakon) Bild: pixabay.com
2022-05-02